Motivation aufbauen
Was motiviert einen Studenten sich den
ganzen Tag vor seine Bücher zu setzen?
Bei einem Auto ist die Quelle des Antriebs jedem klar: Der Wagen wird durch den Motor angetrieben. Der ist zwar unter der Motorhaube versteckt und kaum einer weiß wie er genau funktioniert, aber jeder weiß: Der Motor treibt das Auto an. Für Autofans ist der Motor daher auch stets von besonderem Interesse, lässt sich daran doch am besten ablesen, zu welchen Leistungen und Geschwindigkeiten der Wagen im Stande ist.
Weit weniger Klarheit und Interesse scheint hingegen bei der Frage zu bestehen was eigentlich einen Studenten zum Lernen antreibt, dabei spielt auch hier die Antriebskraft für die Leistungsfähigkeit und den „Spaß beim Fahren“ eine große Rolle. Was motiviert also einen Jurastudenten, sich selbst bei schönstem Wetter den ganzen Tag vor seine Bücher zu setzen?
Nach den Erkenntnissen der Lernforschung lassen sich im Wesentlichen zwei verschiedene „Motivationsquellen“ voneinander unterscheiden: Das Lernen aus einem inneren Interesse heraus und das Lernen aufgrund von äußerem Druck, der insbesondere durch Prüfungen erzeugt wird. (→ Wikipedia über „intrinsische” und „extrinsische” Motivation). Diese beiden „Antriebskräfte“ gilt es also näher unter die Lupe zu nehmen und dabei der Frage nachzugehen, wie man aus beiden die maximale Kraft für das Studium herausholen kann.
Die Prüfungen
Die mit Abstand wichtigste Prüfung im Jurastudium ist das Erste Staatsexamen, welches zugleich den Abschluss des Studiums bildet. Diese sog. „Erste Prüfung“ sorgt schon deshalb für enorme Motivation bei den Studenten, weil das dort erreichte Ergebnis wegweisend für die späteren Berufsaussichten ist. So sind viele begehrte Berufe – wie z.B. Richter oder Staatsanwalt – ausschließlich Leuten mit einem „Prädikatsexamen“ vorbehalten (also ca. den besten 15% der Absolventen), während man mit einem „ausreichend“ schon Glück haben muss überhaupt irgendwo unterzukommen. Das Erste Staatsexamen spielt also – neben dem Zweiten Staatsexamen – eine ganz wichtige Rolle bei zukünftigen Bewerbungen und wird jeden potentiellen Arbeitgeber brennend interessieren.
Im Vergleich zu anderen Studiengängen (wie z.B. Medizin) sind die Noten bei den Juristen also von ganz zentraler Bedeutung und entscheiden maßgeblich über die Reaktion der Arbeitgeber bei zukünftigen Bewerbungsgesprächen mit (→ vgl. hierzu eine Beschreibung der Einstellungskriterien auf beck-stellenmarkt.de).
Aufgrund der Bedeutung der Examensnote sollte man sich als Jurastudent also frühzeitig mit dieser Examensprüfung auseinanderzusetzen und sich genau informieren was dort auf einen zukommt.
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Das Erste Staatsexamen
Das Erste Staatsexamen setzt sich aus einem Schwerpunktbereich und einer Staatlichen Pflichtfachprüfung zusammen. Der Schwerpunktbereich wird an der Universität abgelegt und macht 30 % der Endnote aus. Die Staatliche Pflichtfachprüfung wird vom jeweils zuständigen Justizprüfungsamt abgenommen und macht 70 % der Note aus (§ 29 II 1 JAG NRW).
Der Schwerpunktbereich kann an der Universität frei gewählt werden und besteht aus einer Seminararbeit und mehreren Klausuren. Wie viele Klausuren man schreiben muss und wie diese im Verhältnis zu der Seminararbeit gewertet werden ist in der Prüfungsordnung (PrüfO) der jeweiligen Universität festgelegt. In Köln muss man z.B. mindestens drei Klausuren schreiben, die jeweils 15% der Note ausmachen; die Seminararbeit macht entsprechend 55% der Note aus (§ 11 Abs. 9 S. 2 PrüfO).
Dieser Teil der Examensprüfung ist noch vergleichsweise angenehm, denn man hat bei der Wahl des Schwerpunktbereichts in aller Regel eine große Auswahl (→ vgl. die Schwerpunktbereiche der Universität zu Köln) und kann den Bereich wählen, der einen am meisten interessiert. Außerdem kann man die Klausuren (zumindest in Köln) auch nochmal wiederholen und es werden nur die besten drei gewertet.
Die Staatliche Pflichtfachprüfung ist der deutlich schwierigere Teil der Examensprüfung. Hier hat man nun keinerlei Wahlmöglichkeiten mehr sondern muss alle drei Rechtsgebiete (Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht) sehr umfassend präsent haben. Der schritliche Teil dieser Prüfung umfasst in Nordrhein Westfalen sechs fünfstündige Klausuren, die innerhalb von ca. 10 Tagen hintereinander weg geschrieben werden (§ 10 Abs. 2 JAG NRW). Wenn man die Klausuren übersteht folgt einige Zeit später noch eine Mündliche Prüfung, die sich aus einem Vortrag und drei Prüfungsgesprächen zusammensetzt (§ 15 JAG NRW). Jede dieser Einzelprüfungen macht 10 % der Note im Pflichtfachbereich aus (§ 18 Abs. 3 S. 2 JAG NRW).
Das Besondere an dieser Staatlichen Pflichtfachprüfung ist, dass man hierfür den gesamten Stoff auf einmal präsent haben muss. Man kann sich also nicht mehr nur auf einzelne Teilbereiche der Rechtsgebiete konzentrieren (also z.B. auf das BGB-AT im Zivilrecht oder auf die Vermögensdelikte im Strafrecht usw.), sondern muss nun mit Problemen aus dem gesamten Rechtsgebiet rechnen. Im Klartext bedeutet das, dass man fast sein gesamtes Wissen aus durchschnittlich vier Jahren Studium zu den Prüfungsterminen mitbringen muss. Das ist eine Menge Stoff!
Dazu wird nun auch noch in jedem Bereich ein höheres Niveau verlangt (sog. „Examensniveau“) und die berufliche Zukunft an das Ergebnis geknüpft. Die Prüfung ist also nicht nur inhaltlich deutlich anspruchsvoller als alles was man vorher kannte, sondern es besteht nun auch noch ein enormer Leistungsdruck. Dieser Druck besteht nicht nur wegen der Bedeutung der Examensnote bei späteren Bewerbungen (s. oben), sondern auch weil mehr als jeder dritte Kandidat durch diese Prüfung durchfällt (→ Statistik aus dem Jahr 2012 für NRW).
Diese Durchfallquote (34 % !) ist sehr hoch wenn man bedenkt, dass die Kandidaten zu diesem Zeitpunkt ja durchschnittlich schon über vier Jahre studiert und an der Universität ja schon zahlreiche Klausuren und Hausarbeiten bestanden haben. Und trotzdem wird nun jedem Dritten vom JPA unsanft klargemacht, dass seine Fähigkeiten den Ansprüchen nicht genügen.
Zwar hat jeder „Durchgefallene“ die Chance die Prüfung nochmal zu wiederholen, aber häufig läuft es dann im zweiten Versuch auch nicht besser, so dass viele Jurastudenten am Ende tatsächlich ohne Abschluss dastehen. Und man kann sich vorstellen, dass dies für die Betroffenen sehr frustrierend ist wenn sie nun all ihren Freunden und Verwandten erklären müssen, dass die ganze Arbeit und Mühe der letzten Jahre leider umsonst gewesen ist. Das gibt es so krass in kaum einem anderen Studienfach und der dadurch erzeugte Druck geht an vielen Studenten auch nicht spurlos vorbei und sorgt für erheblichen Stress während der Examensvorbereitung (→ Forum mit Erfahrungsberichten auf kleiderkreisel.de).
So frustrierend die Situation für die „Durchgefallenen“ auch ist, dem JPA kann man diesbezüglich eigentlich gar keinen Vorwurf machen. Denn die Prüfungen sind schon sehr objektiv und im Zweifel verfügen die Kandidaten dann tatsächlich nicht über die geforderten Kenntnisse. Und wenn man die Qualität der Rechtspflege in Deutschland erhalten will muss man nun mal entsprechende Hürden setzen, das ist durchaus nachvollziehbar. Trotzdem erscheint die Frage berechtigt wie es denn möglich sein kann, dass so viele Studenten über viele Jahre hinweg alle ihnen gestellten Anforderungen an der Universität erfüllen, dann aber trotzdem am Ende durch die Staatliche Pflichtfachprüfung fallen. Eine Erklärung hierfür findet sich möglicherweise, wenn man die sonstigen Prüfungen an der Universität genauer betrachtet…
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Die sonstigen Prüfungen
Die Prüfungen im Jurastudium beschränken sich nicht nur auf das Erste Staatsexamen, sondern man muss auch schon während des Studiums zahlreiche Klausuren und Hausarbeiten an der Universität bestreiten. Im Gegensatz zu den Bachelor Studiengängen fließen diese „sonstigen Prüfungen“ aber eben nicht in die Endnote des Examens mit ein, sondern sie sind „nur“ Voraussetzung um überhaupt zu der Staatlichen Pflichtfachprüfung zugelassen zu werden.
Um Einlass zu den JPA Prüfungsräumen zu erhalten wird von den Universitäten zunächst das Bestehen einer sog. „Zwischenprüfung“ verlangt, welche den Abschluss des Grundstudiums darstellt (vgl. § 28 JPA NRW). Welche Voraussetzungen man hierfür erfüllen muss ist in der jeweiligen Prüfungsordnung (PrüfO) der Universität festgelegt. In Köln muss man z.B. sechs Klausuren im Zivilrecht, drei Klausuren im Öffentlichen Recht, zwei Klausuren im Strafrecht und eine Klausur in einer „Grundlagenveranstaltung“ bestehen. Hinzu kommt noch eine „kleine Hausarbeit“ und der Besuch einer Arbeitsgemeinschaft (vgl. § 5 Abs. 6 PrüfO). Für diese Aufgaben ist eine Regelstudienzeit von vier Semestern vorgesehen, man kann sich aber auch länger Zeit nehmen und die Klausuren mehrmals wiederholen wenn man irgendwo durchfällt (vgl. § 5 Abs. 7 PrüfO).
Nach bestandener Zwischenprüfung folgt dann das Hauptstudium, das ebenfalls in jeder Universität anders ausgestaltet ist. In Köln wird in jedem Rechtsgebiet das Bestehen einer weiteren „Übung“, einer „großen Hausarbeit“ und einer weiteren Klausur in einer „Grundlagenveranstaltung“ verlangt (§ 8 Abs. 3 S. 1 PrüfO). Daneben muss man noch zwei sechswöchige Praktika absolvieren (§ 8 JAG NRW) und den Erwerb einer „Fremdsprachenkompetenz“ und einer „Schlüsselqualifikation“ nachweisen (§ 7 Abs. 3, 4 PrüfO).
Insgesamt muss man an der Universität also schon einige Hürden überwinden um in die Prüfungsräume des JPA zu gelangen.
Der grundlegende Unterschied zwischen den Klausuren an der Universität und den Klausuren der Staatlichen Pflichtfachprüfung besteht darin, dass sich die Uni-Klausuren immer nur auf die einzelnen Teilbereiche der Rechtsgebiete beschränken, also z.B. im Zivilrecht auf das BGB-AT, Schuldrecht AT, Vertragliche Schuldverhältnisse, Gesetzliche Schuldverhältnisse, Sachenrecht usw. Man kann sich für die Klausuren also gezielt auf diese einzelnen „Teilbereiche“ vorbereiten und muss z.B. in der Abschlussklausur zum Sachenrecht nicht nochmal mit einem größeren Problem aus dem BGB-AT rechnen usw. Diese Aufteilung des Stoffs führt dazu, dass sich viele Studenten immer nur auf die Bereiche konzentrieren, die als nächstes geprüft werden, sie rennen also immer nur den jeweils nächsten Klausuren hinterher…
Und dieses „klausurfixierte Lernen“ ist als Vorbereitung auf die Staatliche Pflichtfachprüfung nicht gerade optimal, denn erstens bleiben so die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Teilbereichen eines Rechtsgebiets häufig noch im Unklaren…
…und zweitens wird der Stoff nach der Klausur in aller Regel erstmal wieder vernachlässigt, so dass vieles davon bis zur eigentlichen Examensvorbereitung wieder vergessen wird.
→ s. hierzu Richard David Precht über die Gefahr des Vergessens nach einer Prüfung (1 Min)
Und gerade dieses Vergessen kann man sich wegen der Staatlichen Pflichtfachprüfung eigentlich nicht erlauben, denn dort muss man ja den gesamten Examensstoff zur gleichen Zeit und auf „Examensniveau“ präsent haben (s. oben). Ein erster wichtiger Tipp wäre also, dass man sich während des Studiums nicht nur auf den Stoff der jeweils aktuellen Klausuren konzentriert, sondern von vornherein die Staatliche Pflichtfachprüfung als das eigentliche Ziel ins Auge fasst.
Natürlich ist es dann immer noch sinnvoll sich auch gezielt auf die aktuellen Klausuren am Ende des Semesters vorzubreiten, aber man sollte eben auch dafür Sorge tragen, dass das einmal Gelernte nach der Klausur im Gedächtnis bleibt. Im Grunde kann man die Klausuren an der Universität also fast schon als „Probeklausuren“ begreifen, mit denen man nur seinen aktuellen Wissensstand zu dem jeweiligen Teilbereich testet. So eine nachhaltige Lernstrategie ist im Hinblick auf das Examen sehr zu empfehlen und muss übrigens auch nicht mit noch mehr Arbeit und Stress verbunden sein. Im Gegenteil ermöglicht die enorme Bedeutung des Ersten Staatsexamens auch gewisse Freiheiten während des Studiums. So braucht man sich eben nicht schon ab dem 1. Semester wegen jeder schlechten Note verrückt zu machen, sondern man hat noch die Chance aus seinen Fehlern zu lernen es beim nächsten Mal besser zu machen. Dies ist mittlerweile ein großes Privileg, denn in anderen Studienfächern fließt ja von vornherein jede Klausur (und damit auch jeder Fehler) in die Endnote mit ein, was gleich zu Beginn des Studiums bei vielen für erheblichen Stress sorgt (→ siehe hierzu SPIEGEL-ONLINE: Bachelor stresst mehr als Diplom).
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Das Interesse
Neben der „Prüfungsmotivation“ sollte zudem bei jedem Studenten auch ein echtes Interesse an der Juristerei vorhanden sein und für zusätzlichen Antrieb beim Lernen sorgen. Sehr positiv waren diesbezüglich die Änderungen der letzten größeren Studienrefom im Jahr 2003, wo der frei wählbare Schwerpunktbereich enorm aufgewertet wurde und nun 30% der Examensendnote ausmacht. Dies ermöglicht den Studenten sich schon während des Studiums verstärkt auf die Bereiche zu konzentrieren die ihnen am meisten Spaß machen, was für die Motivation sicherlich sehr förderlich ist.
Insgesamt ist es aber wohl so, dass der Prüfungsantrieb den Interessensantrieb während des gesamten Studiums stark dominiert. So gehört zur Wahrheit wohl dazu, dass die meisten Studenten in erster Linie für ihre nächsten Prüfungen lernen, und nicht etwa weil sie die Themen gerade so wahnsinnig spannend oder interessant fänden. Und genau das ist eigentlich sehr schade, denn wenn man etwas aus einem inneren Interesse heraus lernt, dann ist das in jeder Hinsicht angenehmer und nachhaltiger als rein prüfungmotiviertes Lernen. Jeder kennt das wahrscheinlich aus eigener Erfahrung: Wenn man sich für etwas interessiert, dann beschäftigt man sich von ganz alleine damit und brennt förmlich darauf immer mehr über dieses Thema zu erfahren. Und das Gelernte bleibt dann auch viel besser hängen, da man es automatisch in sein bereits vorhandenes Wissensnetz einordnet (s. „Wissen einordenen“). Das Lernen aus Interesse ist also deutlich produktiver und sorgt für mehr Spaß und Freude bei der Arbeit.
→ Stimmung in einer Schule, bei der auf das Interessse der Schüler gesetzt wird (5 Min.)
→ Stimmung in einer Schule, bei der ein relativ hoher Prüfungsdruck besteht (2 Min.)
Das Interesse an der Juristerei sollte man sich also auf jeden Fall bewahren und es hegen und pflegen so gut es geht.
Nun kann man sich ein echtes Interesse natürlich nicht einfach verordnen oder herbeireden, aber es gibt schon einige Mittel, die sich tendeziell positiv auf das Interesse auswirken. Sehr förderlich ist zum Beispiel, wenn man ganz gezielt an seiner individuellen Lerntechnik arbeitet. Denn je besser man sich etwas erarbeiten kann, desto eher blickt man auch durch und desto mehr Spaß macht das Ganze dann auch.
WIE man seine Lerntechnik für das Jurastudium verbessern kann ist auf den folgenden Seiten ausführlich dargestellt. Für das Verständnis der einzelnen Rechtsgebiete können vor allem Mindmaps sehr hilfreich sein, aber auch die Gedächtnistechniken können im Jurastudium eine zentrale Rolle spielen und das vermeintlich „trockene Studium” enorm auflockern. Wenn man diese Lerntechniken richtig einsetzt sind sie tatsächlich sehr gut geeignet um das Interesse für das Fach neu zu entfachen. Wenn man das schafft und vielleicht sogar eine echte Begeisterung für den Stoff entwickeln kann, dann ist dies für den Erfolg im Studium eigentlich schon die halbe Miete und selbst stürmische Zeiten können einem nicht mehr viel anhaben.
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Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Erste Staatsexamen für die berufliche Zukunft von enormer Bedeutung ist und man deshalb alles dafür tun sollte, um dort möglichst gut abzuschneiden. Deshalb ist es sinnvoll sich schon frühzeitig mit dieser Prüfung vertraut zu machen und eine entsprechend weitsichtige und nachhaltige Lernstrategie zu entwickeln. Hierfür bieten sich verschiedene Lerntechniken an die zugleich den Vorteil haben, dass sie auch das Interesse an dem Fach nochmal neu beleben können und damit zu (noch) mehr Motivation und Spaß während des Studiums verhelfen können.